Mindestsicherung verschoben und gekürzt

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Schlechte Nachrichten für eine viertel Million Sozial- und Notstandshilfebezieher: Die Regierung hat die Mindestsicherung beim Sommerministerrat nicht nur neuerlich (auf September 2010) verschoben, sondern gegenüber dem ursprünglichen Plan auch deutlich gekürzt: Statt 10.262 Euro jährlich soll sie künftig nur noch 8.796 Euro betragen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) begründet das mit dem Widerstand der ÖVP und versichert, dass trotzdem niemand weniger Geld bekommen soll, als durch die jetzige Sozialhilfe.

Verschoben wurde die Mindestsicherung schon mehrmals: Aus der ursprünglich angepeilten Einführung per 1. Jänner 2009 wurde - nicht zuletzt wegen des Widerstands aus mehreren Bundesländern - mittlerweile der 1. September 2010. Dieser Termin sei nun aber "fix", versicherte Hundstorfer. Gleichzeitig verkündete der Sozialminister aber eine deutliche Kürzung der Mindestsicherung: Die Unterstützung von 733 Euro monatlich soll demnach nur noch zwölfmal jährlich ausgezahlt werden und nicht wie ursprünglich geplant 14 Mal.

"Das ist ein politischer Kompromiss, der ganz einfach in einer Koalition nötig ist", verwies Hundstorfer nach dem Ministerrat auf die Verhandlungen mit ÖVP-Chef Josef Pröll. Allerdings werde mittels "Verschlechterungsverbot" sicher gestellt, dass niemand weniger Unterstützung erhält, als durch die jetzige Sozialhilfe. "Es gibt mehr, aber es gibt weniger mehr", betonte Hundstorfer. Pröll lobte, dass mit dem Regierungsbeschluss klar gestellt sei, dass die Mindestsicherung "keine soziale Hängematte" sei.

SP-interner Widerstand gegen "Schmalspurvariante"

Die Hilfsorganisationen reagieren enttäuscht. "Wir diskutieren seit vier Jahren über die Mindestsicherung und jetzt reden wir darüber, wie wir Verschlechterungen verhindern", ärgert sich Martin Schenk von der Armutskonferenz. "Arme müssen für die Krise zahlen", kritisierte er: "Im Finanzministerium ist offensichtlich für alles Geld da, nur nicht für die Absicherung gegen Armut." Grünen Sozialsprecher Karl Öllinger warf der Regierung vor, eine "Neidpolitik auf dem Rücken der Ärmsten" zu betreiben und die Mindestsicherung sei "zu Grabe getragen" zu haben.

Auf Widerstand stößt Hundstorfer allerdings auch in der eigenen Partei: Die Soziallandesräte von Steiermark, Oberösterreich und Salzburg stellten sich geschlossen gegen die angekündigte Kürzung. Der Steirer Kurt Flecker bezeichnete es als "unerträglich", dass unter einem sozialdemokratischen Kanzler und einem sozialdemokratischen Sozialminister "die Absicherung der sozial schwächsten scheibchenweise beschnitten wird". Die Salzburgerin Erika Scharer kündigte für September ein Sozialreferententreffen an. Auch der Vorsitzende der SP-Gewerkschafter, Wolfgang Katzian, reagierte empört auf die "Schmalspurvariante für sozial Schwache".

Derzeit erhalten Sozialhilfebezieher je nach Bundesland unterschiedlich hohe Unterstützungszahlungen: Zusätzlich zum Richtsatz von 500 bis 600 Euro monatlich gibt es teils Zuschüsse für Wohnung, Reparaturen (Boiler/Waschmaschine), Geburten und Schule. Allerdings müssen die Beihilfen teilweise später zurückgezahlt werden ("Regress"). Nach Vorbild der Mindestpension soll die Mindestsicherung die neun unterschiedlichen Systeme nun weitgehend vereinheitlichen, den Regress abschaffen und den Sozialhilfeempfängern eine ordentliche Krankenversicherung mit E-Card sichern.

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