Im Sommer

EU-Kommission: Bald Vorschlag zu Leerverkäufen

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Die EU-Kommission will die Arbeit an einem Gesetzentwurf zu Leerverkäufen beschleunigen.

Ein europaweites Verbot ungedeckter Leerverkäufe nach deutschem Vorbild ist weiter offen. Die Europäische Kommission bekräftigte zwar am Mittwoch in Brüssel, im Sommer Pläne zur Regulierung dieser hoch spekulativen Finanzmarktprodukte vorlegen zu wollen. Eine Sprecherin verwies aber auf die Uneinigkeit der EU-Länder: "In den Mitgliedstaaten gibt es abweichende Haltungen, und wir brauchen einen einheitlichen europäischen Ansatz", sagte sie. Deutschland hatte ungedeckte Leerverkäufe im Mai im Alleingang untersagt.

"Wir sind im Endstadium der Vorbereitung konkreter Vorschläge", betonte die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Die Behörde reagierte damit auf das zuvor veröffentlichte Schreiben der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. In ihrem Brief an Barroso dringen Berlin und Paris auf ein schnelleres Vorgehen gegen hoch spekulative Finanzmarkt-Praktiken und Derivateprodukte.

"Wir sind zuversichtlich, dass die politische Dynamik in dem Brief zu einer raschen und einhelligen Zustimmung im Gesetzgebungsprozess führt", sagte die Sprecherin weiter. Sie wies die Interpretation zurück, Merkel und Sarkozy gehe die Arbeit der Kommission nicht schnell genug. "Ich sehe dies nicht als Beschwerde", sagte sie zu dem Brief. "Im Gegenteil, wir betrachten dies als Unterstützung unserer Position."

Brief Merkels und Sarkozys an Barroso

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französischen Präsident Nicolas Sarkozy haben sich in einem gemeinsamen Brief an den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jose Manuel Barroso, gewandt und verstärkte Bemühungen um die Einführung strengerer Kontrollen der Märkte für CDS auf Staatsanleihen und für Leerverkäufe angemahnt. Im folgenden der von der deutschen Regierung am Mittwoch verbreitete Brief im Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Präsident, die Europäische Union bekennt sich uneingeschränkt zur Umsetzung der G20 Beschlüsse. Bedeutende Maßnahmen sind bereits ergriffen worden, insbesondere hinsichtlich der Registrierung und Überwachung von Rating-Agenturen und der Regulierung der Banken. Wir sind zuversichtlich, dass die Diskussionen zwischen Rat, Europäischer Kommission und Europäischem Parlament rasch zu einer Richtlinie über alternative Investmentfonds führen werden und dass sich die Schaffung einer neuen europäischen Aufsichtsstruktur auf gutem Wege befindet. Diese Diskussionen haben für uns Priorität, so wie es auch in Ihrem Arbeitsprogramm für die kommenden Monate der Fall ist.

Die schweren Turbulenzen an den Finanzmärkten während der letzten Monate haben jedoch unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und allen unseren Mitbürgern große Besorgnis ausgelöst. Während die internationale Gemeinschaft einmütig darauf hinwirkt, dass kein Finanzmarkt, kein Finanzmarktprodukt, kein Finanzmarktteilnehmer und keine Jurisdiktion ohne Regulierung und Aufsicht bleiben kann, wirft die Rückkehr der ausgeprägten Marktvolatilität einige legitime Fragen auf, insbesondere bezüglich bestimmter Finanzpraktiken und der Nutzung bestimmter Derivateprodukte wie beispielsweise Leerverkäufe und Kreditausfallversicherungen (CDS).

Diese Anliegen waren Gegenstand des Schreibens, das der Präsident der Französischen Republik, die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland und die Premierminister Luxemburgs und Griechenlands am 10. März an Sie gerichtet haben. Darin riefen sie zur raschen und energischen Umsetzung Ihres Arbeitsprogramms zur Regulierung der Derivatemärkte auf. Unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen auf den Märkten rufen wir die Kommission nun auf, diese Arbeit weiter zu beschleunigen und zu intensivieren.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen auf den Märkten glauben wir, dass die Europäische Kommission dringend ihre Bemühungen um die Einführung strengerer Kontrollen der Märkte für CDS auf Staatsanleihen und für Leerverkäufe beschleunigen und alle in diesem Bereich möglichen Maßnahmen noch vor der Juli-Tagung des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister vorstellen sollte.

Insbesondere glauben wir, dass es unerlässlich ist, die Transparenz von Leerverkaufspositionen bei Aktien und Anleihen, vornehmlich bei Staatsanleihen, zu stärken. Die Arbeit der Europäischen Kommission sollte sich auch auf die Möglichkeit eines EU-weiten Verbots ungedeckter Leerverkäufe aller oder bestimmter Aktien und Staatsanleihen sowie aller oder bestimmter ungedeckter CDS auf Staatsanleihen erstrecken. Dabei soll die Europäische Kommission auch die mit der Anwendung der Verbote verbundenen Bedingungen berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Akteure, die eine besondere Rolle für die Effizienz der Finanzmärkte spielen (market maker).

Die Europäische Kommission sollte ferner eine EU-weite Harmonisierung der zulässigen Fristen für die Abrechnung und Lieferung von Wertpapieren prüfen.

Wir sind zuversichtlich, dass wir bei der Behandlung dieser Themen, die für den Erhalt der Finanzstabilität in der Europäischen Union von entscheidender Bedeutung sind, mit Ihrem uneingeschränkten Engagement rechnen können."

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