CEE-Experte und Journalist Paul Lendvai wird 80

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Osteuropa kennt er, wie seine Westentasche, die Nazis haben ihn verfolgt, die Kommunisten haben ihn verboten und Österreich überhäuft ihn mit Auszeichnungen: Der in Ungarn geborene österreichische Journalist Paul Lendvai feiert am 24. August seinen 80. Geburtstag.

Sein journalistischer Einsatz galt und gilt nicht nur der Berichterstattung und Vertiefung der Kenntnisse über Ost-Mitteleuropa, sondern auch dem "Kampf für gegenseitiges Verständnis und gegen Ignoranz", wie er im Vorwort zu seinem jüngsten Buch "Best of Paul Lendvai" schreibt.

"Wenn man bedenkt, dass Österreich das viertreichste Land in der EU ist, kein Land außer Deutschland von der Öffnung der Grenzen so viel profitiert hat wie Österreich, dann ist es rational kaum zu glauben, dass fast nirgends in den Umfragen die Abneigung gegen die 'Ostöffnung' und gegen die EU so stark ist wie in Österreich" schreibt Lendvai. Gegen Borniertheit und für Offenheit und Toleranz setzt sich der Österreicher, Ungar und Europäer seit Jahrzehnten ein und hat dafür im Vorjahr den "Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln" erhalten.

Osteuropa-Schwerpunkt bei Arbeit

Als Journalist hat sich Lendvai vor allem mit seinen außenpolitischen Kommentaren im ORF-Fernsehen und als Publizist einen Namen gemacht. Der Schwerpunkt seiner Arbeit ist Osteuropa. Er war maßgeblich am Aufbau der Osteuroparedaktion des ORF beteiligt und produzierte zahlreiche politische Dokumentationen über diese Region und den Kommunismus.

Paul Lendvai wurde am 24. August 1929 in Budapest geboren. Nach der Matura begann er neben seinem Jus-Studium im Alter von 18 Jahren auch journalistisch zu arbeiten. Als politisch Verfolgter wurde er 1952 inhaftiert und erst 1953 amnestiert. Lendvai wurde mit Berufsverbot belegt, bekam drei Jahre keine Anstellung und war als freier Journalist und Übersetzer tätig. 1959 erhielt er nach zwei Jahren Aufenthalt in Österreich die österreichische Staatsbürgerschaft.

Lendvai war von 1957 bis 1982 als Osteuropakorrespondent für "Die Presse" und gleichzeitig von 1960 bis 1982 als Korrespondent der Londoner "Financial Times" tätig. Seit 1973 ist Lendvai Chefredakteur und Mitherausgeber der Vierteljahreszeitschrift "Europäische Rundschau". Eine publizistische Visitenkarte des neutralen Österreich", wie der Herausgeber sie selbst nennt, zudem ein "publizistisches Instrument und Sprachrohr der Europäisierung und Humanisierung".

Von 1982 bis 1987 war Lendvai Chefredakteur der Redaktion für Ost- und Südosteuropa des ORF. Von April 1987 bis Oktober 1998 war er Intendant von Radio Österreich International. Heute leitet er die monatliche Fernsehdiskussion "Europastudio" des ORF und schreibt regelmäßig in der Tageszeitung "Der Standard". In den Jahren 2007 und 2008 wurde Lendvai außerdem als unabhängiger Stiftungsrat von der Regierung in das oberste ORF-Kontrollgremium entsandt.

Gastprofessor an Uni von Kalifornien

Neben seiner journalistischen Tätigkeit war Lendvai Gastprofessor an der Universität von Kalifornien und hält regelmäßig Vorträge im In- und Ausland, insbesondere Österreichs Rolle in den Ost- und Westbeziehungen. Außerdem veröffentlichte Lendvai zahlreiche Bücher, darunter "Der Rote Balkan - Zwischen Nationalismus und Kommunismus", "Antisemitismus ohne Juden - Entwicklungen und Tendenzen in Osteuropa", "Das eigenwillige Ungarn - Innenansichten eines Grenzgängers" und "Mein Österreich. 50 Jahre hinter den Kulissen der Macht".

Lendvai wurde 1980 der Berufstitel Professor verliehen. Neben dem Großen und dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik wurde er unter anderem auch mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse ausgezeichnet.

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