VCÖ kritisiert Anbindung an öffentlichen Verkehr

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Jeder Vierte hat laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) keine gute Anbindung an die Öffis. Das Angebot halte mit der steigenden Nachfrage nicht mit, kritisierte die Vereinigung bei einer Pressekonferenz in Wien. Der Schienenverkehr müsse gegenüber jenem auf der Straße dringend priorisiert werden.

Erforderlich seien ein bundesweiter Taktfahrplan, Infrastrukturverbesserungen, eine gesicherte Grundversorgung auch im regionalen Bereich sowie ein modernes Ticketsystem. Rund 60 Prozent der Österreich benutzen laut einer aktuellen VCÖ-Studie regelmäßig U-Bahn, Zug, Bim oder Bus: Jeder vierte Kilometer werde mittlerweile mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt, insgesamt ergebe das jährlich eine Summe von mehr als 23 Milliarden km. Innerhalb der EU15 liege Österreich damit an der Spitze, bei der Bahn haben die Schweiz und Frankreich die Nase vorne.

Trotz der großen Bedeutung seien viele Gebiete schlecht oder gar nicht erschlossen, ortete VCÖ-Experte Martin Blum Nachholbedarf. 27 Prozent der Bevölkerung könnten das nächste Zentrum mit Öffis nicht in 30 Minuten erreichen. Am schlechtesten sei die Situation in Oberösterreich, wo nur 63 Prozent mit Bus, Zug oder Straßenbahn binnen einer halben Stunde in die nächste Stadt gelangen. Enormes Verbesserungspotenzial gebe es aber auch in der Steiermark, in Niederösterreich und Kärnten, mit einem Anteil von jeweils 64, 65 und 66 Prozent.

Besser ist die Situation in Salzburg und Vorarlberg (je 79 Prozent) sowie Tirol (72 Prozent). Je dichter das Angebot, desto größer auch die Nachfrage: In Tirol nützen laut VCÖ 22 Prozent mindestens mehrmals pro Woche öffentliche Verkehrsmittel, in Kärnten sind es nur 13 Prozent. Lediglich in Wien können die Öffis punkto Schnelligkeit mit dem Pkw-Verkehr mithalten: 100 Prozent erreichen das Zentrum dort binnen 30 Minuten. Mit einem Auto ist das in ganz Österreich im selben Zeitraum so gut wie jedem (98 Prozent) möglich.

Schienennetz wurde vernachlässigt

"Das zeigt, dass die Pkw-Bereiche besser ausgebaut sind, als jene für den öffentlichen Verkehr", kritisierte Blum. "Das Schienennetz wurde jahrzehntelang vernachlässigt." Ein Beispiel sei die Südstrecke der Bahn nach Graz und Klagenfurt, die 1970 die schnellste Verbindung gewesen sei. Heute sind diese Züge laut VCÖ aufgrund fehlender Investitionen kein bisschen rascher als damals, während die Autobahnen massiv ausgebaut und damit der Autoverkehr beschleunigt wurde.

Um aufzuholen, sei zunächst ein Taktfahrplan nach Schweizer Vorbild notwendig, forderte Blum. Auch für die notwendige Sicherung der Grundversorgung seien die Eidgenossen ein Vorbild: Wo es pro Tag mehr als 500 Fahrgäste gibt, wird im Stundentakt verkehrt. Für Österreich wäre ein direkter Zugang zu Öffis für 80 Prozent der Bevölkerung ein wichtiges Ziel. Im Ticketbereich muss laut VCÖ eine Umstellung zu elektronischen Chipkarten erfolgen. Auch Modernisierungen bei Fahrgastinformationssystemen wären wichtig, Verspätungen sollten in Echtzeit und auch via Handy abrufbar sein.

Für Finanzierungsfragen fordert der VCÖ eine den Verkehrsverbunden übergeordnete Dachorganisation, die Maßnahmen im Hinblick auf Klimaschutz im Rahmen eines Gesamtkonzeptes koordiniere und bei Geldern für Transparenz sorge. Derzeit sei nicht ersichtlich, welche Summen Länder und Gemeinden investieren. Im Nah- und Regionalverkehr decken die Tariferträge aber nur 45 Prozent der Kosten.

Zahl der Öffi-Benutzer gestiegen

Die Zahl der Kunden öffentlicher Verkehrsbetriebe ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Die stärkste Zunahme gab es laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) beim Verkehrsverbund Vorarlberg mit 75 Millionen Passagieren im Jahr 2008. Das entspreche einem Plus von 60 Prozent seit 2004. In der Stadt Salzburg gab es seit 2002 einen Anstieg um 53 Prozent auf 46 Millionen Fahrgäste. Die drittgrößte Zunahme verzeichnete der Club beim Verkehrsverbund Steiermark (plus 15 Prozent) mit 71 Millionen Gästen.

In den übrigen Bundesländern wurde zwischen 2002 und 2008 ein Plus von sieben bis 13 Prozent festgestellt. Die meisten Fahrgäste gab es vor zwei Jahren im Bereich des Verkehrsverbundes Ost (878 Millionen), inkludiert waren dabei 804 Millionen Kunden der Wiener Linien. Danach folgten Linz und Graz mit je 96 Millionen Passagieren.

Der Ausbau der Öffis bringt laut VCÖ mehr Arbeitsplätze als Verbesserungen im Straßennetz: Bei einer Investition von einer Milliarde Euro in öffentliche Verkehrsmittel entstünden rund 16.500 Arbeitsplätze, bei der selben Summe im Autobahnbereich seien es 10.190 Jobs. Der Bund investierte 2009 rund 1,1 Milliarden Euro in Straßenbahn, U-Bahn, Bus und Zug, so der VCÖ.

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