Schwarzer Freitag

Börsen stürzen nach Brexit-Entscheid ins Bodenlose

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An den internationalen Börsen machte sich Panik breit.

Mit ihrem Votum für einen EU-Austritt haben die Briten am Freitag ein weltweites Kurschaos ausgelöst. Aus Angst vor einer Wirtschaftskrise auf der Insel und einer Abkühlung der weltweiten Konjunktur flohen Anleger in Scharen aus Pfund Sterling und Euro. Beide Währungen brachen so stark ein wie noch nie. Aktien gingen ebenfalls in den Keller.

"Panik"

Kursbeben an den Märkten: Nach dem Votum der Briten für einen Ausstieg aus der Europäischen Union sind die Börsen am Freitag weltweit massiv abgestürzt. Die Wiener Börse ist am Freitag stark eingebrochen. Der heimische Leitindex ATX büßte bis 9.15 Uhr 10,98 Prozent auf 1.995,94 Zähler ein. Bisher wurden 2.024.900 (Vortag: 264.382) Aktien gehandelt (Einfachzählung).

Auch der Euro-Stoxx-50 mit minus 9 Prozent und der Frankfurter DAX mit knapp minus 10 Prozent rasselten abwärts, der Londoner Leitindex FTSE-100 zeigte sich mit minus 6,3 Prozent.

An der Wiener Börse gerieten wie an den übrigen Handelsplätzen insbesondere Bankaktien unter Druck: Erste Group knickten um 13,74 Prozent ein, Raiffeisen um 13,83 Prozent. Auch voestalpine (minus 12,86 Prozent) zeigten sich tiefrot. Größter Verlierer im Wiener prime market waren Zumtobel mit einem Tagesminus von über 20 Prozent.

Der Leitindex der Eurozone Euro-Stoxx-50 startete mit einem drastischen Einbruch von 7,22 Prozent auf 2818,67 Punkte. Der Londoner Leitindex FTSE-100 rauschte im Frühhandel um mehr als sieben Prozent in die Tiefe.

Auch der deutsche Leitindex DAX büßte massiv Terrain ein und verlor in den ersten Handelsminuten satte 8,32 Prozent und steht nun bei 9.403,86 Einheiten. Bereits an den asiatischen Börsen sorgte das Ergebnis der Abstimmung für Aufruhr: Der japanische Nikkei-225 stürzte um satte 7,92 Prozent auf 14.952,02 Punkte und damit um über 1.000 Einheiten ab.

 Auf Talfahrt gingen auch die Ölpreise. Der Kurs für die Nordseesorte Brent knickte zum europäischen Handelsstart um rund 5 Prozent auf 48,30 Dollar ein, der US-Ölpreis WTI ging in gleichem Ausmaß zurück und notiert bei rund 47,5 Dollar.

Die Entscheidung für den Austritt aus der Union traf die Akteure an den Finanzmärkten völlig unerwartet. "Alle sind falsch positioniert", sagte ein Börsianer in der Früh. "Keiner hat damit gerechnet, dass die Briten wirklich austreten. Jetzt gibt es immensen Absicherungsbedarf."

Dementsprechend waren "sichere Häfen" gesucht. So sprang Gold um 4,4 Prozent auf über 1.300 Dollar nach oben und steht nun bei 1.322,95 Dollar, die Rendite des Euro-Bund Future kletterte um 1,73 Prozent auf 166,80 Einheiten nach oben.

Pfund stürzt ab

An den Devisenmärkten herrschte Panik. Der Kurs des Pfund Sterling stürzte in der Früh um bis zu 11,1 Prozent ab und lag mit 1,3232 Dollar so niedrig wie zuletzt im September 1985. Der Euro fiel um bis zu 4,1 Prozent auf ein Dreieinhalb-Monats-Tief von 1,0914 Dollar.

An den Aktienbörsen in Asien reagierten die Anleger schockiert. Der japanische Leitindex Nikkei brach um mehr als acht Prozent ein und stand damit vor dem größten Tagesverlust seit mehr als fünf Jahren. Die Börse Hongkong gab 4,7 Prozent nach. Für den Dax sagten Brokerhäuser zur Eröffnung ein Minus von fast elf Prozent voraus. Der Londoner Auswahlindex FTSE werde ähnlich stark einbrechen.

Am härtesten traf es die Finanzwerte. Die in Hongkong notierten Aktien der beiden britischen Großbanken HSBC und Standard Chartered verloren jeweils etwa 13 Prozent. Deutsche Bank und Commerzbank brachen vorbörslich um bis zu 15 Prozent ein.

Rohöl

Unter Verkaufsdruck geriet auch Rohöl. Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 4,7 Prozent auf 48,52 Dollar je Barrel (159 Liter). Das wichtige Industriemetall Kupfer kostete mit 4.657 Dollar je Tonne 2,6 Prozent weniger als am Donnerstag.

Gefragt waren dagegen bei Investoren vermeintlich sichere Anlagen wie Gold, Staatsanleihen oder der Schweizer Franken. Das Edelmetall verbuchte den größten Kurssprung seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008. Der Gold-Preis stieg um bis zu 8,2 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 1358,20 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Begehrt als "sichere Häfen" waren auch der Schweizer und die japanische Währung. Der Kurs des Euro fiel um 2,8 Prozent auf ein Elf-Monats-Tief von 1,0612 Franken. Der Dollar rutschte um bis zu 6,6 Prozent ab und markierte mit 99,11 Yen ein Zweieinhalb-Jahres-Tief. Das ist der größte Kurssturz seit 2008.

Der Run auf Staatsanleihen drückte die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Titel auf ein Rekordtief von minus 0,152 Prozent. Die vergleichbaren japanischen Papiere rentierten mit minus 0,215 Prozent ebenfalls so niedrig wie nie zuvor.

 

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