Angebote "nicht akzeptabel"

Aus für Schlecker, tausende Jobs weg

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13.200 Beschäftigte in Deutschland verlieren Job - Ungewissheit für Österreich.

Nach der heute beschlossenen Zerschlagung der Drogeriemarktkette Schlecker in Deutschland, wird nun für die Österreich-Tochter händeringend ein Investor gesucht. Schlecker-Österreich-Anwalt Klaus Ferdinand Lughofer rechnet nicht mit einer Insolvenz in den nächsten Wochen. Er bestätigte Gespräche mit drei potenziellen Investoren, darunter auch einer aus Österreich. Für die rund 3.000 heimischen Schlecker-Beschäftigten stehen damit nervenaufreibende Wochen bevor.

Bangen um Österreich-Filialen
Handels- und Insolvenzexperten bezweifeln jedoch stark, dass sich ein Investor für Schlecker finden lässt. "Ich glaube nicht an ein Überleben", sagte der Handelsexperte Peter Schnedlitz von der Wirtschaftsuniversität Wien. Für Österreich sieht Schnedlitz kaum Chancen auf einen Fortbestand. Mit dem Aus in Deutschland würde auch die Marke verschwinden. Eine Marke, die mit einem "negativen Rucksack" belastet sei. Wer wolle sich den schon umschnallen.

Gewerkschafter Karl Proyer von der GPA-djp will davon nichts hören und schöpft Hoffnung: Der Betrieb sei aufrecht, alle Mitarbeiter hätten ihr Gehalt bekommen. "Kein einziger Cent ist ausständig", meinte Proyer.

Endgültig vorbei
In Deutschland ist es für Schlecker aber nun endgültig vorbei: Die Drogeriemarktkette wird dichtgemacht. Nach monatelangem Ringen werden damit mehr als 13.000 Menschen in Deutschland Ende Juni ihren Job verlieren. 11.000 verloren bereits im März ihren Arbeitsplatz. Die Gläubiger beschlossen das Aus in einer knapp dreistündigen Sitzung in Berlin. Mögliche Investoren hätten zu wenig geboten.

Eine Zukunftsperspektive gibt es für die rund 1.100 Beschäftigten von Schlecker XL sowie die etwa 3.990 Mitarbeiter der Tochter IhrPlatz. Sie sollen gemeinsam an einen Investor verkauft werden. Dabei dürfte es sich um den Münchner Investor Dubag handeln. Einen Hoffnungsschimmer könnte es für bis zu 60 der Schlecker-Filialen geben. "Wir versuchen eine Teillösung für die Filialen zufinden. Es ist aber keine große Lösung", sagte Geiwitz. Neben Österreich wird auch für die anderen Auslandstöchter in Luxemburg, Belgien, Polen, Italien und Portugal ein Käufer gesucht. Die Töchter in Tschechien und Frankreich wurden bereits verkauft.

Die Gründe des Scheiterns
Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz erklärte die Gründe für das Scheitern der Rettung so: "Die Angebote waren nicht akzeptabel, weil sie deutlich unter einer Zerschlagung lagen." Er bedauere die Entscheidung im Hinblick auf die vielen, zum Teil langjährigen Schlecker-Mitarbeiter sehr. "Aber es gab kein annehmbares Angebot." Ein Knackpunkt sei die Zahl der Kündigungsklagen gewesen. Deswegen hätten die beiden Investoren ihre Angebote reduziert. "Dass es keine Transfergesellschaft gab, wurde auch negativ gewertet."

Als erstes verkündete Geiwitz die Hiobsbotschaft den Betriebsräten von Schlecker, parallel wurde die Informationen an die Belegschaft geschickt. Betriebsratschefin Christel Hoffmann hörte sich die Erklärung von Geiwitz gemeinsam mit Hunderten anderen Arbeitnehmervertretern im Stehen an: "Die Mitarbeiter haben das mit Würde und mit erhobenem Haupt aufgenommen." Sie warf der Politik "fehlende Qualifikation, unglaubliche Arroganz und Scheinheiligkeit" vor.

Staatliche Unterstützung
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte, dass sich die Bundesarbeitsagentur rasch um die betroffenen Mitarbeiter kümmern werde. "Wir müssen die Entscheidung zur Kenntnis nehmen, die die Gläubiger gefällt haben", sagte Merkel. Gewerkschaft und Betriebsräte protestierten vor dem Bundeskanzleramt.

Der Chef der deutschen Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, gab der Politik und vor allem der FDP die Schuld für das Aus, weil sie Ende März eine Transfergesellschaft verhindert hatte. "Die Verantwortung liegt bei Philipp Rösler und Rainer Brüderle", sagte Bsirske.

Bis zum Schluss hatten die Schlecker-Mitarbeiter in Deutschland auf einen Retter in letzter Sekunde gehofft - vor allem auf den Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen. Der aber ist bereits in der Nacht zum Entscheidungstag abgesprungen, wie Geiwitz nun sagte. Neben den etwa 4.500 Kündigungsklagen habe ihn das mediale Interesse an Schlecker abgeschreckt. Übrig blieb demnach nur noch der US-Investor Cerberus Capital Management. Der hatte Medienberichten zufolge aber nur Interesse an einigen Auslandsgesellschaften.

Der Schlecker-Hauptgläubiger Euler Hermes bezeichnete die K.O.-Entscheidung als alternativlos. "Man kann nur retten, wenn auch ein Retter da ist", sagte ein Sprecher des Versicherers der Nachrichtenagentur dpa in Hamburg. Euler Hermes hat Forderungen im Wert von rund 300 Mio. Euro an Schlecker. Nach dpa-Informationen sind es beim Gläubiger Arbeitsagentur Ulm Forderungen um die 150 Mio. Euro. Auch die Lieferantengruppe Markant Finanz AG gehört zu den größten Gläubigern. "Es sind bisher Forderungen zwischen 500 Mio. Euro bis zu einer Milliarde angemeldet", sagte Geiwitz über Forderungen der Schlecker-Gläubiger.

Die Österreich-Tochter muss ebenfalls um ihre Millionen-Forderungen bangen. Die Konzernmutter sowie die Schlecker-Tochter "Ihr Platz" schulden Schlecker-Österreich laut 2010-Bilanz 169 Mio. Euro.

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