Deutschland

E.ON will Atomausstiegs-Entschädigung

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Konzernchef Teyssen spricht von einem "Schaden in Milliardenhöhe".

Kurz nach dem Beschluss der deutschen Regierung über einen früheren Ausstieg aus der Atomenergie hat E.ON-Chef Johannes Teyssen eine Entschädigung in Milliardenhöhe verlangt. Das Unternehmen erkenne zwar den politischen Mehrheitswillen an, erklärte der größte deutsche Versorger am Dienstag. "Gleichzeitig erwartet das Unternehmen natürlich den gebotenen Ausgleich für den mit diesen Entscheidungen verbundenen Vermögensschaden in Milliardenhöhe." Zugleich kündigte E.ON eine Klage gegen die Brennelementesteuer an, die Finanzminister Wolfgang Schäuble bis 2016 von den AKW-Betreibern kassieren will. Wirtschaftsminister Philipp Rösler gab sich angesichts der absehbaren Klagen gelassen.

Auch RWE erwägt Klagen
Mit seiner Ankündigung weicht Teyssen von seinem zurückhaltenden Kurs der vergangenen Wochen ab. Anders als der Konkurrent RWE hatte er auf eine Klage gegen das dreimonatige Atom-Moratorium verzichtet. RWE-Chef Jürgen Großmann galt daher bisher im Vergleich zu Teyssen als Hardliner. RWE erwägt auch weitere Klagen gegen die Bundesregierung. "Wir werden uns alle rechtlichen Schritte offenhalten", bekräftigte eine Sprecherin am Dienstag. EnBW und Vattenfall ließen dies offen. Deutschlands drittgrößter Versorger EnBW, der mit 32,5 Prozent an der niederösterreichischen EVN beteiligt ist, zögert noch mit einer Entscheidung über eine Klage gegen die umstrittene Brennelementesteuer. "Diese Frage stellt sich derzeit nicht", sagte ein EnBW-Sprecher am Dienstag in Karlsruhe. "Wir warten den Steuerbescheid ab."

E.ON ist größter AKW-Betreiber
E.ON ist der größte Atomkraftwerksbetreiber in Deutschland. Der Konzern betreibt sechs Meiler und ist an weiteren fünf beteiligt. Fast die Hälfte seines Stroms kommt hierzulande aus Atomkraftwerken. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die abgeschalteten sieben ältesten deutschen Meiler und das AKW Krümmel für immer vom Netz bleiben. Von E.ON sind die AKW Isar 1 und Unterweser betroffen. An Krümmel ist E.ON mit 50 Prozent beteiligt. Die andere Hälfte hält Vattenfall.

Der Konzern habe im Vertrauen auf die im Herbst 2010 beschlossenen Laufzeitverlängerungen Investitionsentscheidungen in erheblichem Umfang getroffen, erklärte E.ON. Das Unternehmen werde seine Schäden konkret beziffern und der Bundesregierung darlegen. "Ich gehe davon aus, dass durch die politisch gewollten Laufzeitverkürzungen und die endgültige Stilllegung von Anlagen ein Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe entsteht", sagte Teyssen in einem vorab veröffentlichten Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochausgabe).

Rösler gab sich in einem Interview desselben Blattes gelassen. "Wenn jemand ein in einem Rechtsstaat verfügbares Rechtsmittel nutzen will, ist dies legitim. Eine andere Frage ist, ob dies von Erfolg gekrönt sein wird", sagte er. Die Gesetzesbegründung zur Brennstoffsteuer beziehe sich ausdrücklich nicht auf das Thema Laufzeitverlängerung. "Ich halte es für gerechtfertigt, dass man bei dieser Steuer bleibt", sagte der FDP-Politiker.

Scharfe Kritik an Brennelementesteuer
Die 2010 beschlossene Brennelementesteuer hatten alle vier Konzerne umgehend scharf kritisiert. Nach der Abschaltung der alten Meiler fällt diese mit jährlich etwa 1,3 Milliarden Euro zwar rund eine Milliarde Euro geringer aus als ursprünglich geplant. Die Versorger hatten aber gehofft, dass sie ganz gekippt wird.

E.ON hält die Abgabe nach eigenem Bekunden für rechtswidrig. "Zudem ist die Steuer für die Energiewende kontraproduktiv, weil sie Milliardensummen abschöpft, die nicht mehr für Investitionen in den Umbau des Energiesystems zur Verfügung stehen werden." Der Energieriese musste über eine Klage gegen die Steuer entscheiden, da sie der Konzern nach dem Austausch von Brennstäben im Meiler Grafenrheinfeld als erster Betreiber zahlen muss. RWE ist nach dem Wechsel der Stäbe im AKW Gundremmingen in den kommenden Monaten als nächster an der Reihe.

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