Debatten in Brüssel

Streit um EU-Defizitstrafen wird schärfer

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EU-Währungskommissar Rehn: Bestrafen ohne lange Debatten.

Der Streit um einen strengeren Euro- Stabilitätspakt wird schärfer. Mehrere Mitgliedstaaten, vor allem aus dem Süden Europas, wehren sich gegen harte Strafen bei Schuldensünden. Es gebe Einwände unter anderem aus Italien, Frankreich oder Spanien gegen ein System, das auf automatischen Sanktionen beruhe. Das berichteten EU-Diplomaten am Montag in Brüssel am Rande von Beratungen der europäischen Finanzminister. Das Treffen wurde von EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy geleitet.

EU-Währungskommissar Olli Rehn warb erneut für seinen Vorstoß, Schuldensünder ohne lange Debatten zu bestrafen. Es sieht sich dabei von Deutschland unterstützt. "Sanktionen müssen quasi-automatisch sein", sagte der Finne. "Sie müssen früh genug im Verfahren ausgelöst werden, um vorbeugend zu sein." Er fügte hinzu: "Das ist sehr wichtig, um Haushaltsdisziplin und nachhaltiges Wachstum in der EU abzusichern."

Im Kern fordert Rehn, dass sich die Mitgliedstaaten - anders als derzeit - nur schwer gegen Strafen Brüssels wehren können. Er will am Mittwoch Gesetzesvorschläge machen, um den Euro-Stabilitätspakt zu verschärfen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble schrieb an seine europäischen Amtskollegen, er stehe hinter dem Reformkurs der Kommission. Rehn will dem Vernehmen nach schon bei der Eröffnung eines Defizitverfahrens eine Sicherheitsleistung von 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung vom Sünderstaat eingefordern. Im Pakt stehen Strafen am Ende einer Prozedur; in der Praxis wurden sie bisher nie verhängt.

Schäuble pochte in dem Schreiben, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, erneut auf eine Änderung des EU-Vertrags, um dem Pakt mehr Biss zu geben. Dabei geht es unter anderem darum, Stimmrechte von hartnäckigen Defizitsündern des Eurogebiets im Ministerrat vorläufig auszusetzen.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, sagte im Europaparlament, die Notenbank würde eine Stimmaussetzung unterstützen. "Das ist selbstverständlich keine finanzielle Sanktion, hat aber eine große Wirkung. Er ist möglich, dass dafür eine Vertragsänderung nötig ist."

Die EU-Staaten waren im Frühjahr unter dem Eindruck des griechischen Schuldendebakels und der Eurokrise übereingekommen, den Euro-Stabilitätspakt "anzuspitzen". Laut Rehn dreht sich die erste Reformrunde um Korrekturen, die ohne Änderung der EU-Verträge möglich sind. Seine Vorschläge müssen noch von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament gebilligt werden.

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