Toyota-Rückruf dämpft Stimmung vor Automesse Genf

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Nach zwei Krisenjahren lechzt die Automobilbranche nach einer Erholung. Die mit Absatzeinbrüchen kämpfenden Autohersteller und ihre Lieferanten dürften auf Europas erster Autoschau nächste Woche allerdings vergeblich auf einen Stimmungsumschwung hoffen. Experten gehen davon aus, dass die Debatte über die Massenrückrufe von Toyota Themen wie Elektroantriebe und die konjunkturelle Erholung auf dem Genfer Autosalon (4.-14. März) in den Hintergrund drängen wird.

"Die ganze Branche steht unter Schock angesichts dessen, was Toyota passiert ist", sagt Helmut Becker, Leiter des Instituts für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation in München. Der millionenfache Rückruf des Branchenführers wegen technischer Mängel an Gaspedalen und Bremsen sowie rutschender Fußmatten hat bei der Konkurrenz zunächst Schadenfreude aufkommen lassen.

Einige Hersteller dachten bereits laut über verstärkte Werbung nach, um die verunsicherte Kundschaft mit dem Hinweis auf technische Probleme des japanischen Rivalen zum Wechsel der Marke zu überreden. Allerdings ließen die meisten europäischen Autobauer ihre Pläne dann doch lieber in der Schublade. Bei ihnen reifte die Erkenntnis, dass Häme womöglich auf sie zurückschlagen könnte, wenn sie selbst einmal von Rückrufen betroffen wären. Denn die Arbeitsweise von Toyota bei der Verwendung von gleichen Bauteilen nahmen sich viele heimische Hersteller zum Vorbild. Nun müssen sie fürchten, von den selben Problemen eingeholt zu werden. "Keiner kann sicher sein, dass ihm das nicht auch widerfährt", mahnt Autoexperte Becker.

Auch Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach warnt vor Selbstzufriedenheit. Der von allen Autobauern forcierte Einsatz gleicher Teile erhöhe das Risiko, dass sich ein Fehler auf mehrere Modelle ausbreiten könne. "Das Schadensausmaß ist enorm, wenn ein Fehler auftritt", sagte Bratzel. Vor allem Volkswagen muss nach Ansicht der Experten aufpassen. Europas größter Autobauer will Toyota bis 2018 als Weltmarktführer ablösen und muss dazu seinen Absatz jährlich um 500.000 Einheiten hochschrauben. "Es gibt genug warnende Stimmen, denen diese Wachstumspläne von VW zu riskant sind", betont Becker.

CO2-Reduktion in aller Munde

Alle Hersteller versuchen zurzeit mit Elektroautos und Spritspartechniken wie Hybridantrieben zu punkten, um die ab 2012 geltenden Vorgaben der EU zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes zu erfüllen. Wegen seines Schwerpunkts bei Kleinwagen eignet sich Genf besonders als Umweltschau. "Bahnbrechende neue Modelle für die Kunden gibt es aber nicht", kritisiert Automann Becker.

Als wichtigste Messeneuheiten der deutschen Hersteller gelten dieses Jahr der neue Kleinwagen A1 von Audi, der Kompaktwagen Opel-Meriva und die komplett neu entwickelte Business-Limousine BMW 5er. Volkswagen lenkt die Aufmerksamkeit auf seinen Messestand mit der Neuauflage des Familienwagens Sharan und dem Touareg. Den neu entwickelten Geländewagen gibt es auch als Hybridauto mit kombiniertem Elektro- und Verbrennungsmotor.

Der Sportwagenbauer Porsche, der im nächsten Jahr als zehnte Marke in den Wolfsburger Konzern aufgenommen werden soll, rückt die Neuauflage des Schwestermodells Cayenne ins Scheinwerferlicht. Toyota präsentiert den neuen Kompaktwagen Auris, der als Plug-in-Hybridauto an der Steckdose aufgetankt werden kann und so die Brücke zum Elektroauto schlagen soll.

"Am weitesten hinterher beim Thema Elektroantrieb unter den deutschen Autobauern fährt VW", bemängelt Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer. Während die Daimler-Pkw-Marke Mercedes die Großserienfertigung des Elektrosmart vorbereite, BMW den Elektromini erprobe und die GM-Tochter Opel an dem Ampera arbeite, rolle VW erst in der Entwicklung befindliche Modellstudien in die Messehallen, bemängelt Dudenhöffer, der das CAR-Center an der Uni Duisburg leitet.

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