Brüssel

EU will Genmais auf jeden Fall zulassen

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Genmais sorgt für Riesenstreit in der EU. Die Kommission ist bedingungslos dafür.

Trotz einer breiten Ablehnung in der EU gegen den Genmais "Pioneer 1507" will die EU-Kommission das Produkt zulassen. Die EU-Staaten konnten sich am Dienstag nicht auf eine notwendige qualifizierte Mehrheit in dieser Frage einigen. Der zuständige EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg sagte, die EU-Kommission müsse das Produkt binnen 24 Stunden zulassen, wenn der Rat nicht abstimmt.

Formal fand keine Abstimmung statt. Mehre Minister appellierten angesichts des "sensiblen Themas" kurz vor den Europawahlen an die EU-Kommission, die Entscheidung aufzuschieben oder ihren Vorschlag zurückzuziehen. Für eine Zulassung sprachen sich nur Schweden, Finnland, Großbritannien, Estland und Spanien aus, Deutschland, Portugal, Belgien und Tschechien enthielten sich. Hätte Deutschland dagegen gestimmt, wäre die Zulassung gestoppt worden.

Borg warnte, man könne sich nicht "a la carte" die Gutachten der für die Risikobewertung zuständigen EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA aussuchen. Die EFSA habe sechs positive Gutachten für den Genmais abgegeben. Die Kommission gehe nach den entsprechenden Verfahren vor und wolle keine politische Entscheidung in diesem Fall treffen. Ein Ja der EU-Kommission würde nicht alle EU-Staaten binden, den Genmais anzubauen. Der Vorschlag liege schon seit 2001 auf dem Tisch, "als die Twin Towers angegriffen wurden", sagte Borg. "Niemand kann sagen, dass wir das vorangetrieben haben. Wir haben sehr vorsichtig agiert."

Kurz: "Klares Signal"
"Sollte die EU-Kommission den Problem-Mais trotzdem zulassen, werden wir auf nationaler Ebene handeln und ein Anbauverbot für diesen gen-manipulierten Mais verhängen", bekräftigte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) in einer Stellungnahme die österreichische Position. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) werte die Aussprache der Außenminister als "klares politisches Signal" an die EU-Kommission. "Wir erwarten, dass nicht gegen eine Mehrheit der Bürger eine Entscheidung getroffen wird." Kurz freute sich, dass drei EU-Staaten zuletzt noch in das Lager der Gegner wechselten. Stöger und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) hätten angekündigt, dass das Produkt in Österreich nicht zum Einsatz komme, versicherte auch Kurz.

Rupprechter betonte in einer Aussendung: "Österreich setzt sich auf EU-Ebene für ein Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten für einen gentechnikfreien Anbau ein. 22 Staaten unterstützen diesen Vorschlag bereits und wir werden weiter dafür kämpfen."

 Mehrere EU-Minister appellierten angesichts des "sensiblen Themas" kurz vor den Europawahlen an die EU-Kommission, die Entscheidung aufzuschieben oder ihren Vorschlag zurückzuziehen. Polen warnte vor einem "Rückschlag für die europäische Idee", wenn der Genmais zugelassen werde.

Parlament dagegen
Gegen die Zulassung des Genmais hat das EU-Parlament gestimmt. "Wieder einmal konnten sich Großlobbyisten durchsetzen", beklagte der EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin. "Ob Genmais angebaut wird, müssen die Mitgliedstaaten selbst entscheiden dürfen. Die bestehenden Rechtsunsicherheiten müssen endlich behoben werden", forderte der ÖVP-EU-Parlamentarier Richard Seeber. Die drohende Zulassung des Genmais sei "ein Skandal und ein Schlag ins Gesicht der europäischen Konsumenten", kritisierte die grüne Europaabgeordnete Ulrike Lunacek. Die EU-Kommission würde dann ihre Kompetenz überschreiten, sagte die SPÖ-EU-Abgeordnete Karin Kadenbach.

Das aktuelle Zulassungsverfahren ermögliche es der EU-Kommission, gentechnisch veränderte Pflanzen auch gegen die Position einer Mehrheit an Mitgliedsstaaten durchzusetzen und verschiedene negative Auswirkungen nur unzureichend zu berücksichtigen. "Daher muss sich die österreichische Bundesregierung in Brüssel jetzt für eine Verbesserung des Zulassungsverfahrens für Gentechnik-Pflanzen einsetzen", fordert Dagmar Urban, Landwirtschaftsexpertin von Greenpeace in einer Aussendung.


 

Nächste Seite: Der spannende LIVE-Ticker zur hitzigen EU-Debatte zum Nachlesen!

 

 

14:30 Uhr: Die Entscheidung über den Genmais geht zurück an die Kommission. Diese muss nun entschieden, wie es mit der Zulassung weiter gehen wird.

14:26 Uhr: Die Sitzung geht ohne Entscheidung zu Ende
Nachdem sich der Rat der EU und die Kommission gestritten haben, geht der Rat ohne abschließende Entschiedung zu Ende. die anwesenden Minster haben lediglich ihr Stimmvorhaben bekannt gegeben, aber nicht abgestimmt. Es hätte werder eine qualifizierte Mehrheit für noch gegen die Genmais-Verordnung gegeben.

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14:25 Uhr: Die Kommission könnte noch den Vorschlag zurückziehen.

14:23 Uhr: Noch ist nicht abgestimmt worden
Bisher wurde nicht abgestimmt. Lediglich das geplante Abstimmungsverhalten wurde bekannt gegeben. Die Frage ist nun, ob die Kommission trotz der Abstimmungsabsicht - weder Ja noch Nein - die Verordnung zur Abstimmung bringen möchte. Die kommission will anscheinend.

14:20 Uhr: Juristische Beratung
Rechtliche Schritte und Möglichkeiten werden jetzt besprochen. Der juristische Dienst berät nun die anwesenden Minister, wie das weitere Vorgehen - im Falle eienr Nichtannahme - ist. Normalerweise könnte die Kommission die Verordnung umsetzen. Es handelt sich aber bei dieser Verordnung um einen einzigartigen Fall in der Geschichte der EU, der sich aufgrund der komplizierten Gesetzgebung rechtlich sehr kompliziert ist.

14:18 Uhr: Es gibt keine qualifizierte Mehrheit
Knalleffekt: Es gibt keine qualifizierte Mehrheit im Rat der EU - werder für noch gegen den Genmais. Alelrdings ist es noch keine formale Abstimmung. Das Kollegium der Kommission muss nun zusammentreten und entscheiden, wie das weitere Vorgehen ist.

14:15 Uhr: Schlagabtausch zwischen Ungarn und Kommission
Die Diskussion ist festgefahren. Es kommt zu einem Schlagabtausch zwischen dem Kommissar und der ungarischen Ministerin, die gegen die Verordnung ist.

14:14 Uhr: So sieht momentan die Stimmenverteilung aus:
Drei Länder werden Ja sagen, vier Länder werden sich enthalten und 21 Länder werden dagegen stimmen - trotzdem wird es sich von der Stimmgewichtung her ausgehen, dass die Verordnung eine qualifizierte Mehrheit bekommt. Spanien und Großbritannien haben aufgrund ihrer Größe viel mehr Stimmenpunkte als kleine Länder.

14:10 Uhr: Drei von 28 Ländern dafür
Ein griechischer Vertreter führt auf, dass nur drei von 28 Mitgliedsländern für den Genmais sind. Und nur in einem dieser drei Länder ist der Anbau dieser Genmaissorte möglich. In den anderen zwei Ländern ist es zu kalt für den Anbau.

14:08 Uhr: Sechs Gutachten wurden erstellt
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat in sechs Gutachten bestätigt, dass der Anbau dieser Genmais-Sorte keine Gefahr auf die Umwelt habe. Daher möchte der Kommissar, dass die Anwesenden auf die Meinung der Wissenschaft vertrauen und der Verordnung zustimmen. Er will nicht, dass die Zulassugn der Genmais-Sorte zu einer politischen Debatte wird. Zudem gibt es zwei Gerichtsurteile, welche die Nichtzulassung des Genmais als rechtswidrig sehen.

14:05 Uhr: Nun ist der zuständige Kommissar an der Reihe
Der Kommissar "freut" sich zwar über die Diskussion, findet aber, dass der Rat sich zu lange Zeit für die Entscheidung genommen hat. Morgen läuft die Frist aus, damit die Verordnung noch vor der EU-Wahl und der Neuzusammensetzung des Parlaments verabschiedet werden kann. Es ist dem Kommissar anzusehen, dass er die Verordnung unbedingt umgesetzt haben will. Daher diskutiert er mit vollem Eifer und legt sich für die Verordnung ins Zeug.

14:00 Uhr: Eine Nein-Stimme, eine Enthaltung
Polen stimmt gegen die Verordnung, Portugal möchte sich enthalten. Nur eine Mehrheit der Nein-Stimmen könnte die Verordnung stoppen, daher sind alle Enthaltungen "wertlos".

13:58 Uhr: Deutschland ist an der Reihe
Deutschland wird sich - wie bereits im Vorfeld durchgesickert ist - seiner Stimme enthalten. Das sorgte schon am Vormittag für Aufregung in deutschen Medien, die eine Enthaltung als Ja-Stimme werten.

13:54 Uhr: Niederlande ändern ihre Meinung
Die Niederlande sorgen für eine Überraschung. Sie haben ihre Meinung geändert und werden nun - nach einer ausgiebigen politischen Debatte innerhalb des Landes - gegen die Verordnung stimmen.

13:51 Uhr: Kurz sieht ein Glaubwürdigkeitsproblem
Sollte die Genmaisverordnung - gegen den Willen der Mehrheit der Mitgliedsstaaten - doch angenommen werden, sieht Kurz ein Glaubwürdigkeitsproblem der EU. Da für die Annahme der Genmaisverordnung eine qualifizierte Mehrheit notwendig ist, ist es  rechnerisch möglich, dass die Verordnugn kommt, obwohl eine Mehrzahl der Staaten dagegen ist. Der Grund dafür ist, dass vor allem große Länder mehr Stimmen haben, als kleinere Länder.

13:50 Uhr: Sebastian Kurz ist an der Reihe
"Österreich spricht sich gegen die Zulassung des Produkts aus", erklärt Sebastian Kurz die österreichische Linie. Er befürchtet zudem, dass die Bevölkerung die Entscheidung nicht verstehen wird. Er schließt sich der Meinung seiner ungarischen Kollegin an und fordert all diejenigen, die noch untentschlossen sind, auf gegen die Verordnung zu stimmen.

13:48 Uhr: Italien sagt Nein
Auch Italien ist gegen den Genmais. Zudem fordert der italienische Minister die Kommission auf, den Vorschlag zurückzunehmen.

13:44 Uhr: Ungarn will, dass alle gegen die Verordnung stimmen
Ungarn fodert alle Anwesende auf gegen die Verordnung zu stimmen. Sie ermahnt zudem die Minister und Ministerinnen, dass eine Enthaltung einer Ja-Stimme gleich komme. Außerdem fordert sie, dass sich alle Anwsenden "in Ruhe zusammensetzen" um das Zulassungverfassen detailliert besprechen zu können.

13:40 Uhr: Für Ungarn ist der Zeitpunkt ungünstig
Die ungarische Ministerin befürchtet, dass die Nationalstaaten künftig nicht mehr entscheiden und mitreden können, ob sie den Genmais haben wollen oder nicht. Für sie ist der Zeitpunkt ungünstig und sie sieht einen Verstoß im Vertrag, sollte die Genmaisverordnung in Kraft treten.

13:36 Uhr: Spanien und Großbritannien sagen Ja
Spanien will sich Großbritannien anschließen und dem Beschluss zustimmen. Der spanische Minister erklärt aber, dass es jedem Land freistehen soll, ob es gentechnisch veränderten Mais anbauen möchte, oder nicht.

13:34 Uhr: Angst vor Imageschäden
Kroatien wird gegen den Genmais stimmen. Tschechien möchte sich seiner Stimme enthalten. Viele der Anwesenden, die gegen die Verordnung stimmen möchten, bringen als Argument, dass die öffenltiche Meinung das Vorhaben nicht akzeptieren wird und dass dies in Zeiten kurz vor der EU-Wahl schädlich für das Image der Europäischen Union sein wird.

13:32 Uhr: Grieche Evangelos Venizelos leitet Debatte
Unter dem Vorsitz des griechischen stellvertretenden Ministerpräsidenten Evangelos Venizelos findet die durchaus hitzige Debatte statt. Lettland wird ebenso wie Griechenland gegen die Verordnung stimmen.

13:30 Uhr: Diese Runde entscheidet über die Zulassung von Genmais in der EU:

EU will Genmais auf jeden Fall zulassen
© Screenshot consilium.europa.eu

(c) Screenshot, Rat der EU

13:26 Uhr: Wenn der allgemeine Rat heute die Genmaisverordnung nicht entschieden ablehnt, wird der die Kommission den Vorschlag umsetzen.

13:22 Uhr: Abstimmungsdebatte hat begonnen
Die Abstimmungsdebatte hat begonnen. Die Debatte des Rats über die Abstimmung zur Zulassung von Genmais ist öffentlich. Das bedeutet, dass die Außenminister nun mal über die Abstimmung debattieren, um dann darüber abzustimmen - auch die Abstimmung wird öffentlich passieren.

13:03 Uhr: Massive Kritik im Vorfeld
Die Maissorte 1507 enthält laut Experten von Global 2000 ein hochgiftiges Insektizid, das sich nicht nur auf die Schädlinge, sondern auch auf die zahlreichen Nützlinge wie die Bienen sehr negativ auswirkt. Die Beeinträchtigung von Honig- und Wildbienen wurde in keiner Weise erhoben, wird kritisiert.

12:57 Uhr: Der Beginn der Pressekonferenz verzögert sich
Neuer Start-Termin ist jetzt 13:30 Uhr - also in einer halben Stunde.

12:45 Uhr: Hier wird Genmais derzeit angebaut:

EU will Genmais auf jeden Fall zulassen
© oe24

12:30 Uhr: Klage soll Mais stoppen
Global 2000 drängt Österreich jetzt dazu, gegen das Zulassungsverfahren zu klagen. Und: Auch Österreichs Bauern blicken heute gespannt nach Brüssel: „Heute dürfte der Landwirtschaftsausschuss die EU-Saatgutverordnung zurück an den Start schicken“, so Iga Niznik von Arche Noah. Hunderttausende Europäer haben eine Petition unterschrieben, um seltene Gemüsesorten zu retten.

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